Sommer 1998: Beim Steuern ist jeder der Erste

Die Ratten verlassen das sinkende Schiff - eine Bootsfahrt und ihre Tücken Einige sagen immer: Die Stiegencrew unternimmt nie was für ihr Publikum!" Wenn wir aber dann doch etwas unternehmen, sind meist nur zehn Leute mit von der Partie. Schließlich bleiben von diesen zehn Leuten noch fünf übrig, die das Ganze organisieren müssen. So verhielt es sich auch bei unserer Schlauchbootfahrt, die wir im Sommer machten. Bis zum Treffpunkt in der Laufenau klinkten sich dann noch bis zu zehn Schwarzfahrer mit der Frage ein: "Und wann fahren wir jetzt endlich?" Am Nachmittag holten wir mit einem Abschleppwagen (Opel Blitz) das große und schwere Schlauchboot in Seebruck ab. Als wir dann in der darauf folgenden Nacht die Stiege abgeschlossen hatten, ging's ab zum Treffpunkt Laufenau. Das Schlauchboot sackte beim Anblick von 20 Insassen vor Schreck in sich zusammen und begrub sämtliche Getränke und Helmut Stadler. Helmut hatte sich gleich zu Beginn in die Mitte des Bootes zu den Bieren gesellt, was den Inhalt der Flaschen stark gefährdete. Beim Zuwasserlassen des Bootes stellten wir fest, dass die Alz zum Raften über weitere Strecken nicht so geeignet ist, wie jeder annahm. Wie immer auf hoher See stellte sich nach geraumer Zeit (zehn Minuten) der Schiffskoller ein: Die beiden Steuermänner Holgi und Nobi waren sich über die Kunst der Bootsmanövrierung nicht mehr einig und lagen sich plötzlich in den Haaren, wie mit dem Schiff zur Zufriedenheit aller die Richtung zu halten sei. Von sieben mit Paddeln ausgerüsteten Galeerensträflingen verrichteten im Idealfall höchstens zwei (in Worten: zwei) synchrone Arbeiten. Einer von den Ruderern - bekannt als Empfangsdame im Hotel Pfaubräu - hielt zwar sein Paddel, doch nicht die Klappe. "Wie wär's, wenn du mal still wärst?" "Könntest du jetzt bitte mal die Klappe halten?!" "Halt jetzt endlich mal das Maul!!!" "Hast du vielleicht ein Buch verschluckt?" "Gelesen mit Sicherheit nicht!" Dies trug sehr zur Aufheiterung der von der Naturgewalt des Wassers bedrängten Seebären bei. Das Schlimmste jedoch stand noch bevor: die berühmt-berüchtigte "Massinger Kurve", die bei alt gedienten Seefahrern immer wieder mit Kap Hoorn verglichen wird. Diese gefährliche Stelle, vorbei an aufgeschlitzten Booten diverser Hobby-Paddler, galt es zu meistern. Käptn Neopren bereitete seine Crew mental, physisch und mit dem nötigen technischen Know-how auf die Schicksalskurve vor, doch ein Zwischenruf zwang in allerletzter Sekunde zum Anlegen an der doch so langweiligen Innenseite der Kurve. Der Drang nach Erleichterung war bei Einigen zu groß, sie suchten - ungeachtet des alt hergebrachten Koboldsgesetzes "Frauen und Kinder zuerst" - in Panik und ohne Rücksicht auf Verluste das Schiff zu verlassen. Angi setzte sich mit letzter Kraft gegen die beiden Steuermänner zur Wehr, um nicht durch das arg lädierte Deck des Schlauchbootes getreten zu werden. Ein verzweifelter Schlag gegen einen der heran stürmenden Navigatoren, der mehr einem liebevollen Klaps glich, brachte das Fass zum Überlaufen. Die Spannung steigerte sich ins Unermessliche: Über den Bug des Schiffes stürzten sich die Massen in die Fluten und der Gepeinigte rastete völlig aus: "Hau mich nicht! Hau'n tust du mich nicht!" Die, die bereits das rettende Ufer erklommen hatten, beobachteten dieses Drama fassungslos. Nach Wiederflottmachen des Kahns lagen die schwersten Hindernisse bereits hinter uns - Gott sei's gelobt, getrommelt und gepfiffen! Der Übermut, diese Strapazen fast ohne Verluste überwunden zu haben, brachte unsere Empfangsdame namens Cyk noch einmal in den Mittelpunkt der Szenerie. Doch Rich, unser Schiffszimmermann, sorgte kurzerhand für Ruhe, wobei Cyk mit einem zweieinhalbfachen Rittberger abtrat. Die Fete am rettenden Ufer unter Mühldorfer "Uno-Jägermeister-Fahrern" versöhnte uns alle wieder und ließ die Strapazen unserer beschwerlichen Bootsfahrt vergessen, wie auch wir vergaßen Cyk, den wir fälschlicherweise für den Piloten des "Jägermeister-Boliden" hielten.

      
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